Digitale Transformation, Konkurrenz aus dem Online-Sektor, Technologisierung zur Vereinfachung von Prozessen… Jedes erfolgreiche Unternehmen muss mit der Zeit gehen. In schnellen Zeiten bedeutet dies auch gleichermaßen dynamische wie überlegte Veränderungen vorzunehmen. Diese Veränderungen, die sogenannten Changes, beeinflussen natürlich auch den (Arbeits-)Alltag der Mitarbeiter. Um negative Stimmungen abzufedern, ist eine gelungene Change-Kommunikation unerlässlich. Wir haben Nina Moeller, verantwortlich für Learning und Development bei Materna TMT und Expertin in Fragen zur Change-Kommunikation, zum Thema befragt.
Materna TMT: Nina, wenn man erfährt, dass der eigene Arbeitgeber drastische Veränderungen plant, dann ist das erstmal unangenehm; man fühlt sich unwohl. Immerhin ist beispielsweise eine Standortverlegung ja eine einschneidende Sache für alle Beteiligten. Eigentlich verständlich, oder?
Nina: Auf jeden Fall. Da kommen einige Dinge für die Mitarbeiter zusammen. Es ist ja nicht nur der angekündigte Standortwechsel, der sie missmutig stimmt, sondern vor allem die Unsicherheit; die Fragen „wie“ und vor allem „warum“.
Materna TMT: Das heißt, mit den entsprechenden Begründungen ist eine solche Nachricht nicht mehr so schwierig zu verarbeiten?
Nina: Am Anfang stellt sie natürlich einen Schock dar, das ist ganz klar. Die Mitarbeiter sind überrascht und tun sich schwer damit, die Nachricht zu akzeptieren. Sie wollen sie gar nicht wahrhaben und leugnen sie häufig. Aber das ändert die Situation natürlich nicht. Viele Mitarbeiter verlieren zunächst einen großen Teil ihrer Motivation.
Materna TMT: Und dem kann man entgegenwirken?
Nina: Unbedingt. Der Mitarbeiter braucht Informationen und Argumente, um die Notwendigkeit einer Veränderung akzeptieren zu können. Er gehört ja nicht zum Inventar, das man einpackt und am neuen Standort einfach wieder auspackt. Er muss dazu motiviert werden, sich auf die neuen Dinge einzulassen, sie auszuprobieren. Nur so besteht die Chance, dass er die Sinnhaftigkeit hinter dem Schritt erkennt und diesen letztendlich voll annimmt. Dabei handelt es sich um völlig normale emotionale Reaktionen, die absolut menschlich sind. Richard Streich, Professor für Management Development und Change Management, teilt diese Reaktionen in sieben Phasen ein: Schock, Ablehnung, Einsicht, Akzeptanz, Lernen, Erkenntnis und Integration.
„Der Mitarbeiter gehört ja nicht zum Inventar, das man einpackt und am neuen Standort einfach wieder auspackt.“
Materna TMT: Was genau gehört denn eigentlich zu sogenannten Changes, den Veränderungen, die diese Reaktionen hervorrufen können?
Nina: Denkbar sind viele verschiedene Szenarien. Der Standortwechsel ist sicher eine der umfangreichsten Veränderungen. Aber auch eine Fusion kann die Mitarbeiter verunsichern. Im Zuge der Digitalisierung muss man auch in diese Richtung denken. Bei der Einführung neuer Technik haben Mitarbeiter schnell Sorge um ihre Stellen. Im Prinzip kann man alles aufzählen, was Unsicherheit auf Seiten der Mitarbeiter hervorrufen kann.
Materna TMT: Und unsichere Mitarbeiter kann sich ein Unternehmen kaum leisten.
Nina: Richtig. Dadurch sinken Motivation und Produktivität. Unter dem Strich verliert ein Unternehmen hierdurch Geld, Image und möglicherwiese eben auch Mitarbeiter.
Materna TMT: Wie lässt sich dem im Kontext eines Changes entgegenwirken?
Nina: Mit einer Vielzahl von Maßnahmen, die zu fünf verschiedenen Handlungsansätzen gehören. Die fünf Handlungsansätze sind genau auf das Modell von Streich abgestimmt und begleiten teilweise alle sieben Phasen der Veränderung, zum Teil aber auch nur bestimmte Phasen. Eine gute Change-Kommunikation ist das A und O!
Materna TMT: Welche Maßnahmen könnten das zum Beispiel sein?
Nina: Zum Beispiel kann die Einrichtung eines Change-Portals zentral sein: Eine Plattform, auf die alle Mitarbeiter jederzeit zugreifen können. Hier werden Medien verschiedenster Art bereitgestellt, die über den Change, seine Prozesse, Konsequenzen etc. berichten. Von Video-Botschaften, in denen die Verantwortlichen über Entwicklungen und Pläne informieren, über Trailer, die beispielsweise die neue Umgebung zeigen und Interviews mit Mitarbeitern bis hin zu Animationen, die bestimmte Prozesse erklären.
Materna TMT: Es gilt also, die Mitarbeiter umfangreich zu informieren?
Nina: Im Prinzip ja, aber mithilfe eines Portals kann auch berücksichtigt werden, dass jeder Mitarbeiter hauptsächlich jene Informationen benötigt, die für ihn und seine Position relevant sind. Das heißt, dass nicht einfach alle vorhandenen Infos breit gestreut werden, sondern personenbezogen abrufbar sind. Dabei bieten sich bestimmte Formate in bestimmten Phasen an, die Auswahl erfolgt durchaus nicht willkürlich. Im Idealfall macht ein eigens entwickeltes Design alle Maßnahmen rund um den Change kenntlich – sowohl die digitalen, als auch die analogen. Die Maßnahmen müssen natürlich individuell auf Unternehmen, Change und Situation angepasst werden, um erfolgreich zu sein. Das bedeutet, dass die Mitarbeiter zu jedem Zeitpunkt abgeholt werden, sich ernst genommen und geschätzt fühlen – dann kann ein Change den gewünschten Erfolg ohne Nebenwirkungen bringen.
Materna TMT: Für das Unternehmen bedeuten diese Maßnahmen zusätzlich Arbeit, Kosten und Aufwand in einer Phase, in der der Change selbst ohnehin schon eine Belastung darstellt. Und trotzdem lohnt es sich, zusätzlich in die Change-Kommunikation zu investieren?
Nina: Und wie! Das zeigt sich schnell an der Reaktion der Mitarbeiter. Ohne Change-Kommunikation fühlen sie sich übergangen und ausgeliefert. Das Tagesgeschäft wird zweitrangig; Projekte werden nur halbherzig bearbeitet und Dinge bleiben liegen, was zu Unzufriedenheit auf Seiten des Kunden führt. Der ein oder andere verlässt das Unternehmen vielleicht sogar, möglicherweise müssen anschließend also neue Mitarbeiter akquiriert und angelernt werden. Das sind nur zwei Beispiele von vielen, die zeigen, dass eine schlechte oder nicht vorhandene Change-Kommunikation das Unternehmen schnell mehr Geld und Mühe kostet als die Change-Kommunikation selbst.